FUGENLÜFTUNG
Ein Grundproblem der Fugenlüftung ist, daß diese je nach Witterungsverhältnissen sehr stark schwankt. Soll ein Gebäude durch Fugenlüftung ausreichend belüftet werden, so muß der Luftaustausch gerade auch in windstillen Zeiten und bei geringer Thermik noch gesichert sein. Würden Häuser so gebaut, daß auch in diesen ungünstigen Situationen die Fugenlüftung ausreicht, dann müßten sie extrem undicht sein.
Die Auswirkungen der Fugenlüftung sind in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend:
Abb. 2: Wärmeverluste und Feuchteschäden durch Fugenlüftung
Abb. 3: Zimmer einer Dachwohnung / Mehrfamilienhaus
Abb. 4: Thermografieaufnahme des Zimmers bei gleichzeitiger "Blower-Door-Messung"
Abb. 5: Dachüberstand am Ortgang: Schimmelbildung
FENSTERLÜFTUNG
Infolge der unzureichenden Lüftung in unseren Wohngebäuden tauchten in der Vergangenheit zunehmend Feuchteschäden auf: Durch den geringen Luftwechsel wird der in den Wohnungen erzeugte Wasserdampf nicht mehr ausreichend abgeführt; an schlecht wärmegedämmten Außenwänden mit zusätzlichen Wärmebrücken kommt es zur Tauwasserbildung, die Schimmelpilzwachstum ermöglicht. Diese Erscheinungen sind nur ein Indiz für die unzureichende Lüftung: Auch andere Luftbelastungen in den Wohnungen steigen an.
Von der Bauforschung und in der Rechtssprechung wurde daraufhin die Verantwortung für den Luftwechsel den Nutzern zugeschoben: Regelmäßiges Stoßlüften durch Öffnen der Fenster wurde als Aufgabe eines richtigen Nutzerverhaltens gefordert. Einige Unternehmen der Wohnungswirtschaft verteilten Flugblätter an ihre Mieter mit dem Thema “Richtiges Heizen und Lüften”.
Tatsächlich läßt sich durch vollständiges Öffnen der Fenster ein sehr hoher Luftwechsel (je nach Wind und Temperatur jedoch schwankend) erzeugen. Tab. 2 zeigt typische Luftwechsel in Abhängigkeit von der Fensterstellung. Die Tabelle verdeutlicht aber auch, daß es bei der Fensterlüftung schwierig ist, den Luftwechsel “gerade richtig” einzustellen, zumal dem Nutzer die jeweiligen Wind- und Temperaturverhältnisse und die daraus resultierenden Volumenströme nicht bekannt sind. Will man mit der Fensterlüftung einen ausreichenden Luftwechsel erreichen, so wird man die Fensteröffnungszeiten eher etwas länger wählen, um auf der “sicheren Seite” zu bleiben: Dann ist der resultierende Luftwechsel schnell zu hoch, die Lüftungswärmeverluste werden unnötig groß.
Wie sieht eine Stoßlüftungsstrategie konkret aus? Um im Resultat einen etwa 0,5 bis 1,0-fachen Luftwechsel pro Stunde zu erhalten, müssen in einem typischen Wohnhaus etwa alle zwei Stunden alle Fenster für 5 bis 10 Minuten ganz geöffnet werden; dies sollte Tag und Nacht geschehen! Hier wird das Dilemma der Fenster-Stoßlüftung erkennbar:
Die große Schwankungsbreite der Angaben in Tab. 2 zeigt, daß eine zuverlässige Einstellung des Luftwechsels auf den Bedarf nach dieser Methode nicht möglich ist.
Bleibt das Fenster im Schlafzimmer zu, so steigt schon nach wenigen Stunden die CO2-Konzentration weit über die Pettenkofer-Grenze von 1000 ppm an. Dies wurde durch Messungen in konventionell gebauten Häusern bestätigt (vgl. Abb. 6).
Abb. 6: Gemessener Kohlendioxid-Konzentrationsverlauf über eine Woche im Schlafzimmer eines Wohnhauses (Mack u.a. Physikalisches Institut Universität Tübingen)
Die Behaglichkeitsgrenze lt. DIN wird um das Doppelte, die Pettenkofer Empfehlung gar um das Dreifache überschritten.
Die Fensterstoßlüftung liegt ganz in der Verantwortung der Nutzer. Mit ihr ließe sich zwar ein ausreichender Luftwechsel herstellen, aber die Stoßlüftungsprozedur ist in bestimmten Räumen und zu bestimmten Zeiten nicht praktikabel. Daher kommt auch die Stoßlüftung als Lüftungsstrategie für Niedrigenergiehäuser nicht in Betracht.
ZUSAMMENFASSUNG
Nach den vorausgehenden Abschnitten kommt für die Sicherstellung eines hygienisch ausreichenden Luftwechsels nur eine kontrollierte Lüftung in Betracht. Da gute Luftqualität eine Grundvoraussetzung für gesundes Wohnen ist, gilt dies für jeden Wohnungsneubau oder renovierten Altbau, der heutigen Baustandards entspricht. Insbesondere für Niedrigenergiehäuser ist die kontrollierte Wohnungslüftung unverzichtbar. Sie ist integraler Bestandteil des NEH-Konzeptes, denn Niedrigenergiehäuser müssen gesunden und guten Wohnkomfort für ihre Bewohner bieten. Die (aus bauphysikalischen Gründen unumgängliche) Forderung nach einer dichten Gebäudehülle muß ein Konzept zur Lüftung nach sich ziehen - dies zu vergessen, wäre angesichts der Belastungen der Raumluft sträflich. Andererseits ist gerade eine luftdichte Gebäudehülle eine zwingende Voraussetzung, um die Luftströmung in der Wohnung durch die Anlage bedarfsgerecht steuern zu können.
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